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Franziska Dahlke
Ich versuchte in der Arbeit durch Beobachtungen rauszukriegen, ob sich Menschen in ihrer Stadt wohlfühlen, sich gerne an verschiedenen Orten aufhalten und ihre Stadt aktiv als ihren Ort nutzen und einnehmen. Ich ging der Frage nach, warum ich allein beim Gedanken an manche Plätze, vor allem wenn ich in die Kasseler Innenstadt fahren muss, schon schlechte Laune bekomme, obwohl ich nur kurz etwas erledigen will.
Neben meiner eigenen Gereiztheit merkte ich in den letzten Jahren, dass vor allem in den Straßenbahnen eine hohe Aggression auch bei den anderen Mitfahrern und sogar bei den Bahnfahrern selbst herrscht. Eine kleine Begebenheit, die nicht in den Ablauf zu passen scheint, und schon eskaliert die Situation. Zum Beispiel: Das Ein– und Aussteigen funktioniert selten (ich spreche in dem Fall von großen Umsteigeplätzen, an denen sehr viele Leute gleichzeitig umsteigen), ohne dass mindestens einmal gekeift wird, weil Irgendjemand einem Anderen im Weg steht. Um dahinter zu kommen, was die Menschen so aggressiv macht, suchte ich mir je 5 Plätze in den Städten Dresden und Kassel aus und beobachtete vier Wochen das Geschehen, ohne dabei zu filtern, sondern nahm alles auf was ich bemerkte. Zwei Wochen Dresden, zwei Wochen Kassel und jeden Platz davon insgesamt 24 Stunden. So kam ich auf 240 Stunden reines Beobachtungsmaterial. Ich schrieb, filmte und fotografierte und wertete alles rein analytisch aus und zeichnete so die Wege der Leute auf und wo sich die meisten Menschen sammeln, bzw. wo sie sich begegnen können/müssen und sich im Zweifelsfall eher behindern, da sie keine Ausweichmöglichkeiten haben. Ist man in Eile, führt das unweigerlich zu Ungeduld, wenn man seinen eigenen Weg nicht ungehindert bestreiten kann. Dasselbe gilt für unmöglich angelegte Fußwege, Ampeln, Zebrastreifen u.ä. Und so wirkt an vielen Stellen ein Platz eher als *Aufhalter*. Die Plätze sind z. T. schön gestaltet, aber Rücksicht auf den natürlichen und vor allem den kürzesten Weg der Menschen wird selten genommen.
In meiner Arbeit kommt raus, dass Menschen sich an ganz anderen Stellen auf einem Platz sammeln (müssen), als vorgesehen ist. (Bänke werden aufgestellt, um den Leuten ein angenehmes Warten zu ermöglichen. Ist die Haltestelle aber derart weit davon entfernt, setzt sich kaum jemand darauf, der umsteigen will.) Und durch diese Beobachtungen kann man den Wegen der Menschen folgen und in die Planungen von Umbauten eines Platzes einbeziehen bzw. sich überlegen, durch welche kleinen Veränderungen angenehmere Orte entstehen können. Ein Beispiel:
An einem Bahnhof rauchen Leute draußen, da es innen verboten ist. So stehen die Leute vor der Tür. Das wird sich nie ändern, egal wie viele Verbotsschilder etc. aufgestellt werden. Da kann man genau so gut einfach einen Aschenbecher aufstellen, damit die Leute die Kippen nicht auf die Erde werfen. Da viele auch von Nichtrauchern begleitet werden, und die nun wieder rum auch draußen stehen (müssen), evtl. mit einem CoffeeToGo in der Hand, kann man sich nun überlegen, wie es eben auch für die Begleitung angenehm wird.
Gabriele Franziska Götz