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Nico Buurman — I will survive

 

In den letzten Jahren sehnen sich Menschen aus Europa und Amerika vermehrt nach Wildnis, die als symbolischer und realer Ort der Freiheit und „guten ursprünglichen Ordnung“ empfunden wird. Das Bedürfnis nach einer

Gegenwelt zur postmodernen Gesellschaft ist Ausdruck eines westlichen Unbehagens in der eigenen Kultur.

Der Klimawandel, instabile Finanzmärkte, schwindende Ressourcen, Migration, Terror, Pandemien und ein wackeliger Sozialstaat schüren Unsicherheiten und

addieren sich zu einer komplexen Metakrise, die den Wunsch nach Einfachheit und individueller Handlungsfähigkeit weckt.

 

Neben einem allgemeinen Trend zu Outdoor-Aktivitäten, haben auch Survival- und Prepperbewegungen an Popularität gewonnen: Communities, überwiegend

bestehend aus bestens versorgten, weißen Männern, die sich Wissen und ursprüngliche Techniken aneignen, um in der Wildnis überleben zu können. In der Tradition von Abenteurern und Entdeckern wird jungfräuliche Natur bezwungen, Feuer gemacht, gejagt und ein Unterschlupf

gebaut. Eine Rückbesinnung auf das Individuum und die Reproduktion traditioneller Geschlechterrollen sind hier nicht selten gepaart mit xenophoben und patriarchalischen Überzeugungen.

 

In der Arbeit „I will survive“ hinterfragt Nico Buurman das eigene Verhältnis zur Natur und gesellschaftliche Konstruktionen von Männlichkeit. Hierfür erklärt er Kassels Stadtränder zur Wildnis und porträtiert sich selbst. Im Internet stößt er auf stählerne Multi-Tool-Bausätze im Kreditkartenformat, die er im Fotostudio inszeniert. In ihrer archaischen Ästhetik

wirken sie wie ein kompromissloses Versprechen von universeller Sicherheit.

 

Die Arbeit „I will survive“ wurde im Rahmen der Absolvent_innen-Ausstellung EXAMEN 20 mit dem Förderpreis der cdw-Stiftung ausgezeichnet.

 

Nico Buurman beschäftigt sich in seiner künstlerischen Arbeit fortlaufend mit Begriffen wie Identität, Macht und Natürlichkeit und bearbeitet diese mit fotografischen und filmischen Mitteln. Dabei spielen urbane Räume eine zentrale Rolle, die er vom Zentrum bis zur Peripherie auf gesellschaftliche Phänomene und Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur sowie Stadt und Landschaft untersucht. Die Formulierung einer eigenen Haltung in seiner Arbeit und ein interdisziplinärer Austausch darüber sind integraler Bestandteil seines Schaffens.

 

 

Gabriele Franziska Götz